Montag, 16. Dezember 2013

Rotkäppchen lügt!


"Aber Großmutter, was hast du für lange Arme?"
"Daß ich dich besser umarmen kann."
"Aber Großmutter, was hast du für lange Ohren?"
"Daß ich dich besser hören kann."
"Aber Großmutter, was hast du für große Augen?"
"Daß ich dich besser sehen kann."
"Aber Großmutter, was hast du für ein entsetzliches Maul?"
"Daß ich dich besser fressen kann."
Und wie er das sagte, fraß er sie auf.


Keine andere Geschichte hat unser Bild von Wölfen wohl mehr geprägt als das Märchen vom Rotkäppchen. Dabei handelt es sich um eine vollkommene Fehldarstellung dieses Rudeltieres, welches in der letzten Zeit immer mehr zum Gesprächsthema geworden ist. Beim gestrigen Polizeiruf bildete die Rückkehr der Wölfe nach Deutschland den Rahmen der Handlung, immer mehr Prominente setzen sich für die Wiedereingliederung ein und im Netz gibt es inzwischen einiges an Informationsmaterial. Zeitgleich wächst die Angst vor den Wölfen aber permanent in den Köpfen der Bevölkerung. Immerhin ist der Wolf Inbegriff des Bösens, er reißt Schafe und kommt dem Menschen näher, als einem lieb ist. 

Das Wissen, dass die meisten Menschen über die Wölfe haben, basiert aber tatsächlich zum größten Teil auf Mythen, Sagen und Märchen und hat keinen wirklichen Bezug zur Realität.

Ende 2012 konnten 47 erwachsene Wölfe in Deutschland sicher nachgewiesen werden. Meist in Rudeln, vereinzelt aber auch als Wolspaar oder Einzeltier trifft man sie mit größter Wahrscheinlichkeit im Osten Deutschland, wo sie sich immer weiter ausbreiten. Wobei "treffen" wohl das falsche Wort ist. Wölfe sind äußerst scheue Tiere. So lange man sie nicht provoziert oder die Scheu mit zu engem Kontakt überbrückt, meiden sie den Menschen. Da der Mensch nicht in das Beuteschema eines Wolfes passt, würde das Tier niemals grundlos angreifen. Somit ist der Wolf nicht gefährlicher als andere Wildtiere, die seit vielen Jahren in unseren Wäldern geduldet werden. Trotzdem kommt es immer wieder dazu, dass Wölfe menschliche Siedlungen streifen. Wölfe meiden zwar den Menschen, aber nicht menschliche Strukturen. Befinden sich die Menschen z.B. nachts in ihren Häusen, nimmt der Wolf sie nicht war und er wählt den kürzesten Weg durch die Straßen. Da das Revier eines Einzeltiers um die 200 km² umfasst, ist es schlichtweg unmöglich es zu vermeiden, dass Ortschaften und Gehöfte in diesem liegen.

Der Wolf im Schafspelz

Gerade Landwirte sind beunruhigt, wenn es um die Gefährdung ihrer Herden durch die Wildtiere kommt. Dabei ist auch diese Sorge nur zum Teil berechtigt. Untersuchungen von Kotproben haben ergeben, dass die Wölfe sich zu 90 % von Rehen, Rothirschen  und Wildschweinen ernährt. Gerade mal ein Zehntel der in den Proben gefundenen Spuren weisen auf Damhirsche, Muffelschafe, Hasen und Nutztiere hin. Und auch im Schutz gegen den Wolf werden die Landwirte nicht alleine gelassen. Gerade in den typischen Gebieten, z.B. der Lausitz gibt es persönliche Beratung und Unterstützung, dabei wird 100 % des finanziellen Mehraufwandes, der durch den Wolf bedingt wird, ausgezahlt. Zudem gibt es auch einen kompletten Ausgleich, wenn es zu wirtschaftlichen Schäden kommt.


Willkommen Wolf! 


Es ist somit höchste Zeit, den Wolf wieder in unsere Gesellschaft einzugliedern. Er ist Teil unseres Ökosystems und es ist Zeichen genug, dass wir unser Bild von der Natur geändert haben, da er zurückgekehrt ist. So wie Bambi ist auch der Wolf durch seine Geschichte gezeichnet. Doch Rotkäppchen lügt, der Wolf ist eigentlich ganz lieb.


Quelle und weitere Informationen: www.nabu.de

6 Kommentare:

  1. Wölfe sind so wundervolle Tiere. Meine Lieblingstiere sogar. :)
    Also von einer Skala von 1-10 ist dieser Blogeintrag bei 12!

    In Liebe, V. :)

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  2. Find ich gut, dass du über so ein Thema schreibst! :)

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  3. schön das mal wieder so regelmäßig von dir liest! Aber ich würde auch gerne so mal wieder was von dir hören, wies dir und deinem Leben so geht, was du treibst und ... ich hoffe du hast mich noch nicht vergessen! melde dich! :)

    Hast du das Foto gemacht? :))

    die allerliebsten Grüße :*

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  4. Ich finde tatsächlich auch, Wölfe haben etwas Mysthisches und Geheimnisvolles und ich mag diese Tiere sehr. ;) Die "Neueste" Wolfadaptation findet man ja auch in der Reihe "A Song Of Ice and Fire", in der der Wolf - im Gegensatz zum Löwen - als 'Sympathisant' dargestellt wird.
    Du schreibst ausgezeichnet und flüssig, auch den Einstieg mit dem Märchen fand ich sehr gut. :)
    Wenn die Wölfe kommen, freue ich mich!! :)

    Liebe Grüße
    Ninon

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  5. Ich glaube nicht, dass der Wolf "lieb" ist, so wie er auch nicht "böse" ist. Aber ein Raubtier zum Kuscheltier zu machen, halte ich für völlig falsch. Bauern sind nicht beunruhigt, sondern geschädigt, denn Wölfe reißen Tiere. Ich weiß nichts davon, dass sie im laufe der Abwesenheit zu Vegetariern wurden. Nichts destotrotz müssen wir den Umgang mit Heimkehrer Wolf wohl lernen und ihn annehmen. Er gehört dazu, das sit einfach so. Ihn dabei z verharmlosen halte ich für genau so verkehrt, wie ihn zum Monster zu machen.
    Die Bilderwelt eines Märchens in Frage zu stellen halte ich sogar für grotesk. Der Wolf ist hier Sinnbild. Ich wage zu behaupten, dass die Erlebnisse mit Wölfen im Mittelalter ohne Licht und ohne Schutz ganz andere waren. Er hat nämlich Hunger. Aber im Märchen ist er ein Sinnbild. Kinder verstehen das ja Gott sei Dank.

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    1. Vielleicht war die Wortwahl mit "lieb" etwas falsch, ich wollte den Wolf nicht verharmlosen, natürlich ist er ein Raubtier und nicht zum Kuscheln da. Aber wie ich schon in dem Text geschrieben habe, er ist kein Vegetarier, aber er reißt nur selten Schafe. Und die Bauern werden ja auch entschädigt, dies hab ich auch im Text beschrieben.
      Natürlich waren die Umstände im Mittelalter andere, aber auch dort waren Wölfe scheu und haben Menschen nicht einfach grundlos angegriffen. Und ich persönlich finde sehr wohl, dass es angebracht ist, die Bilderwelt der Märchen in Frage zu stellen. Bei Rotkäppchen ist der Wolf das personifizierte Böse. Ich habe mich schon lange mit dem Thema Wolf auseinander gesetzt und das Bild des Wolfes ist bei den meisten Menschen tatsächlich durch seine Rolle in diesem Märchen geprägt. Das ist meine Erfahrung, die ich bei dieser Thematik gemacht habe. Wenn du andere hast, freut mich das natürlich sehr, aber bei den Menschen, mit denen ich gesprochen habe, war es nicht so.

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